Die Hofbibliothek
"So dienet zu fürstlicher Ergetzung, so wohl auch zu großem Nutz,
eine fürstliche Bibliothec in allen Facultäten,
alte Schriften, Gemählde, Müntzen und dergleichen..."
charakterisiert 1656 Veit Ludwig von Seckendorff im "Teutschen Fürstenstaat" fürstliches Vorbildverhalten.
Der erste Besucher der Hofbibliothek war ein Herr Kohlhaas. Er trug sich am 4. Januar 1787 in das neu angelegte Besucherbuch ein. Am 21. Mai 1804 war es „die kleine Therese Taxis“, Tochter von Fürstin Therese und Fürst Karl Alexander, die als Neunjährige die Hofbibliothek des Vaters besuchte.
Aber der Reihe nach: In Regensburg, am Hof des Fürsten von Thurn und Taxis, entwickelte sich aus der Privatbibliothek des 1773 verstorbenen Fürsten Alexander Ferdinand die fürstliche Hofbibliothek. Das erste, 1771 angelegte Bücherverzeichnis, weist einen Buchbestand von 2.330 Werken auf. Um der Verpflichtung, dem literarischen und wissenschaftlichen Unterhaltungsbedürfnis des vornehmen Regensburg, insbesondere der Gesandten des Reichstages, gerecht zu werden, wurde die Hofbibliothek ab 1775 planmäßig ausgebaut und bereits 1782 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein hochfürstliches Reskript aus diesem Jahr legte die öffentlichen Besuchszeiten auf die Tage Montag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 12 und 14 bis 17 Uhr fest.
Den Grundstock der Hofbibliothek bildet demnach die Privatbibliothek des Fürsten Alexander Ferdinand (1704-1773). Als Begründer der öffentlich zugänglichen fürstlichen Hofbibliothek gilt jedoch dessen Sohn Fürst Carl Anselm (1733-1805), der der Bibliothek unter der Leitung von Baron Franz Ludwig von Berberich einen jährlichen Erwerbungsetat zur Verfügung stellte und somit den planmäßigen Ausbau der Bestände ermöglichte.
In den ersten Jahren schritt die Bestandserweiterung durch Neuerwerb von Verlagsneuerscheinungen und Ankauf zahlreicher Privatbibliotheken rasch voran. Mit einem am Ende des 18. Jahrhunderts bereits auf über 50.000 Bände angewachsenen Buchbestand konnte auf eine blühende Entwicklung der Hofbibliothek zurückgeblickt werden, die nun aber durch wirtschaftliche Schwierigkeiten im Haus Thurn und Taxis infolge der Revolutionskriege und der Napoleonischen Ära ein Ende nahm und in der Schließung der Hofbibliothek 1808 ihren vorläufigen Abschluss fand.
Allerdings gingen im Zuge der Säkularisation verschiedene schwäbische Klosterbibliotheken, darunter die des Benediktinerklosters Neresheim und der Prämonstratenserabtei Marchtal, in den Besitz der fürstlichen Hofbibliothek über.
1812 fiel im Zuge der Postentschädigungen Bayerns das säkularisierte ehemalige Reichstift St. Emmeram in Regensburg an das fürstliche Haus als zukünftige Residenz. Im gleichen Jahr zog die Hofbibliothek in die Räumlichkeiten des Klosters um. Die Emmeramer Klosterbibliothek war bereits 1810 nach München abtransportiert worden.
Trotz der strengen Einsparungen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts konnte die Bibliothek mit den ihr zugewiesenen Geldern auch weiterhin ihren Aufgaben gerecht werden und die Bestände an wissenschaftlichen Werken ausbauen; freilich war eine Fortentwicklung im Sinn des Gründers, Fürst Carl Anselm, zunächst unterbrochen. Erst als der Chef der fürstlichen Gesamtverwaltung, Dr. Franz Joseph Freiherr von Gruben, in einem Bericht auf den schlechten Ordnungszustand und den unermesslichen Wert der Bibliothek hinwies, ging man daran, eine Sanierung der Räume vorzunehmen und eine Neukatalogisierung der Bestände durchführen zu lassen. Man untergliederte die Bestände in 17 Gruppen (z.B. AW für Allgemeine Wissenschaften, G für Geschichte, BL für Belletristik etc.) und legte neun alphabetische Autoren-, Titelzettel- und Titelbandkataloge jeweils mit Register an. Diese Kataloge hatten bis 1958, also beinahe 100 Jahre, ihre Verwendung.
Nach Unterbrechung durch die Ordnungsarbeiten übergab Fürst Maximilian Karl im Jahr 1864 die Leitung von Archiv und Bibliothek wieder in hauptamtliche Hände. Mit Cornelius Will, Dr. Joseph Rübsam und Dr. Rudolph Freytag wurden hintereinander drei ehemalige Prinzenerzieher und Hoflehrer als Direktoren bestellt, die sich nicht nur als fürstliche Bibliothekare, sondern auch als Schriftsteller und Historiker einen Namen gemacht hatten. Dieser Tradition folgend führten im 20. Jh. Prof. Dr. Max Piendl und Dr. Martin Dallmeier, seit 2004 Dr. Peter Styra Hofarchiv und Hofbibliothek fort. Das Zentralarchiv verwahrt rund 5.500 Regalmeter, die Hofbibliothek einen Buchbestand von zirka 270.000 Bänden.
Heute ist die weitere Erforschung der Geschichte des fürstlichen Hauses, der Post und der ehemals fürstlichen Herrschaften - vornehmlich durch Studentinnen und Studenten - das wichtigste Anliegen von Archiv und Bibliothek.
Der Asamsaal
Ein besonders großes Ereignis für die fürstliche Hofbibliothek war im Jahr 1969 die "Wiedereröffnung" des „Asamsaales“.
Der Bibliothekssaal des Reichsstifts St. Emmeram wurde 1732 nach Plänen Johann Michael Prunners aus Linz errichtet. Prunner orientierte sich an Bibliothekssälen seiner österreichischen Heimat und schuf einen Saal mit drei Platzlgewölben, wie er in Süddeutschland nicht üblich war. 1737 folgte die künstlerische Ausgestaltung des Saales durch den berühmten bayerischen Barockmaler Cosmas Damian Asam.
Die Veränderungen des Jahres 1812 blieben nicht ohne Einfluss auf den Asamsaal. Vor dem Einzug der Hofbibliothek nahm man weitgehende Veränderungen vor. Der Regensburger Künstler Joseph Zacharias verlieh dem Saal eine dem Zeitgeschmack entsprechende klassizistische Übermalung, welche die Fresken Asams für lange Zeit in Vergessenheit geraten ließ.
Verschiedene bauliche Schäden machten in den 1960er Jahren eine Renovierung des Bibliothekssaales notwendig. Erst dabei stieß man auf die barocken Deckenbilder und die Ornamentik, die Cosmas Damian Asam 1737 bis 1739 in diesem Saal geschaffen hatte. In einem Gutachten von 1967 entschied das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, dass die klassizistische Übermalung zu entfernen und die ursprüngliche Ausmalung freizulegen wäre. Somit blieb dieses Spätwerk Cosmas Damian Asams, der noch im Jahr der Vollendung der Fresken starb, erhalten. Es handelt sich hierbei um den einzigen von ihm freskierten Bibliothekssaal!
Nachdem die Originalbestände seit der Säkularisation nicht mehr vorhanden waren, wurde dem Saal mit ca. 12.000 Bänden aus dem Altbestand der fürstlichen Hofbibliothek sein ursprüngliches Aussehen zurückgegeben.
So zählt heute der Asamsaal zusammen mit den darin aufgestellten Altbeständen zu den wenigen Bibliothekssälen in Süddeutschland, die von der Architektur über die künstlerische Ausstattung bis zum Buchbestand eine vollkommene Einheit bilden.